
Wenn man den jüdischen Festkalender betrachtet, sticht Lag baOmer ein wenig heraus. Es ist kein großer Feiertag wie Pessach oder Jom Kippur, und doch spielt er eine wichtige Rolle. Er liegt inmitten der Omer-Zeit, einer Phase der Besinnung, des Wartens und auch der Trauer, und bringt genau an diesem Punkt einen wunderbaren Moment der Freude. Wir schauen gemeinsam, was sich hinter diesem besonderen Tag verbirgt.
Inhaltsübersicht
Was bedeutet „Lag baOmer“?
Der Name ist eigentlich ein kleines Zahlenspiel:
„Lag“ besteht aus den hebräischen Buchstaben Lamed (ל) und Gimel (ג).
In der jüdischen Zahlenschrift ergibt das zusammen die Zahl 33.
„baOmer“ bedeutet „im Omer“.
Das Fest fällt also auf den 33. Tag des Omer-Zählens.
Die Omer-Zeit beginnt am zweiten Abend von Pessach und dauert 49 Tage bis Schawuot. Traditionell zelebriert man jeden dieser Tage abends mit großer Freude und einem fröhlichen Beisammensein. Die Zeit ist von leichter Trauer geprägt: In dieser Phase lassen sich viele Menschen ganz bewusst eine Auszeit gönnen. Sie möchten dem Trubel entfliehen und sich eine Zeit der Ruhe und Besinnung gönnen. Manche lassen in dieser Zeit sogar ihre Haare wachsen. Hochzeiten und fröhliche Feiern stehen dann nicht im Vordergrund.
Die Geschichte dahinter
Warum also ein Festtag mitten in einer Zeit der Zurückhaltung? Dafür gibt es zwei zentrale Erklärungen:
1.Das Ende einer Epidemie
Im Talmud, einem der wichtigsten Werke des jüdischen Glaubens, wird erzählt, dass in der Omer-Zeit eine schreckliche Epidemie unter den Schülern von Rabbi Akiva wütete, einem der bedeutendsten Lehrer seiner Zeit. Am 33. Tag der Omer-Zählung hörte diese Epidemie auf. Lag BaOmer wurde daher zu einem wunderbaren Tag, an dem wir uns alle gemeinsam dankbar und erleichtert fühlen dürfen.
2.Erinnerung an Rabbi Schimon bar Jochai
Lag BaOmer ist auch mit dem Todestag von Rabbi Schimon bar Jochai verbunden, einem berühmten Mystiker und Gelehrten, dem die Verfasserschaft des Zohar, des Hauptwerks der Kabbala, zugeschrieben wird. Der Überlieferung nach wünschte er sich, dass dieser Tag voller Freude und nicht voller Trauer begangen wird.
Bräuche und Traditionen
Lag baOmer ist bunt und voller Leben – besonders in Israel.
Lagerfeuer:
Kinder und Erwachsene versammeln sich abends um große Feuer. Sie symbolisieren das Licht der Tora und das geistige Licht, das Rabbi Schimon in die Welt brachte.
Bogen und Pfeile:
In vielen Gemeinden spielen Kinder mit Bogen und Pfeil – ein Brauch, der auf die Zeit der Bar-Kochba-Revolte zurückgehen soll. Manche sehen darin ein Symbol für Hoffnung und Widerstand.
Erster Haarschnitt:
Für kleine Jungen ist Lag BaOmer oft der Tag ihres ersten Haarschnitts (Upsherin). Dies markiert einen wichtigen Übergang im jüdischen Leben.
Hochzeiten:
Paare, die während der Omer-Zeit nicht heiraten durften, nutzen Lag BaOmer gern, um sich endlich das Jawort zu geben.
Ein Tag der Balance
Lag baOmer erinnert uns auf eine sehr berührende Weise daran, dass Trauer und Freude oft nahe beieinanderliegen. Wir wissen, dass es manchmal schwierig sein kann, in einer Phase der Zurückhaltung Hoffnung zu finden. Doch dieser Tag ist ein Tag der Hoffnung. Er erinnert uns daran, dass selbst nach schwierigen Zeiten immer wieder ein Licht auf uns wartet. Dieser Gedanke ist heute wichtiger denn je.
Vielleicht ist das auch für uns eine Einladung, einen Moment innezuhalten, uns an die Menschen zu erinnern, die uns geprägt haben, und das Leben bewusst zu feiern.
Die 10 häufigsten Fragen zu Lag baOmer
Was ist Lag baOmer?
Lag BaOmer ist der 33. Tag des Omer-Zählens zwischen Pessach und Schawuot. Er unterbricht die in dieser Zeit üblichen Trauerbräuche mit einem Tag der Freude und des Gedenkens.
Wann fällt Lag baOmer im jüdischen Kalender?
Lag BaOmer fällt jedes Jahr auf den 18. Ijar (Iyyar) – also Tag 33 der Omer-Zählung. Im gregorianischen Kalender liegt das meist im April oder Mai.
Warum wird Lag baOmer gefeiert?
Traditionell wird erinnert, dass eine Epidemie unter den Schülern von Rabbi Akiva am 33. Omer-Tag endete. Außerdem ist es der Gedenktag (Hilula) von Rabbi Schimon bar Jochai, einem zentralen Gelehrten der Kabbala.
Welche Bräuche sind typisch für Lag baOmer?
Typisch sind Lagerfeuer, Ausflüge ins Freie, Kinder mit Spielbogen und -pfeilen, Hochzeiten (weil Trauerverbote ruhen) sowie der erste Haarschnitt (Upsherin) für manche dreijährige Jungen. In Israel gibt es große Zusammenkünfte, zum Beispiel am Grab von Rabbi Schimon bar Jochai in Meron.
Gibt es Arbeitsverbote an Lag baOmer?
Nein. Lag BaOmer ist kein biblischer Ruhetag wie Schabbat oder die großen Feiertage; reguläre Arbeit ist erlaubt. Viele nutzen den Tag dennoch für Feiern und Gemeinschaftsaktivitäten.
Welche Trauerbräuche der Omer-Zeit sind an diesem Tag aufgehoben?
Je nach Tradition werden an Lag BaOmer Musik, Hochzeiten, Haarschneiden und fröhliche Veranstaltungen erlaubt. Am Folgetag kehren die gewohnten Beschränkungen bis Schawuot oft wieder zurück.
Wie zählt man den Omer an Lag baOmer selbst?
Man setzt das tägliche Omerzählen fort, spricht also am Abend die Segensformel und nennt: „Heute sind es dreiunddreißig Tage, das sind vier Wochen und fünf Tage im Omer“ (sinngemäß, je nach Siddur).
Gibt es spezielle Speisen oder Gebete zu Lag baOmer?
Es gibt keine vorgeschriebenen Speisen. Üblich sind fröhliche Mahlzeiten im Freien. Auch zusätzliche Gebete sind nicht fest vorgeschrieben, manche Gemeinden singen jedoch Pijjutim oder feiern mit Musik um das Lagerfeuer.
Wie kann man Lag baOmer außerhalb Israels begehen?
Man kann kleine Lagerfeuer oder Kerzen entzünden (unter Beachtung von Sicherheitsregeln), Picknicks veranstalten, Texte von Rabbi Schimon bar Jochai studieren, Musik hören und Kinderaktivitäten im Freien organisieren.
Gibt es Sicherheits- oder Umweltaspekte zu beachten?
Ja. Offene Feuer sollten nur mit Genehmigung, ausreichend Abstand und Löschmitteln entzündet werden. Alternativ sind Feuerschalen, LED-Lichter oder symbolische Zeremonien eine gute Option, um Rauch und Brandgefahr zu vermeiden.