Was ist die Ergotherapie?

Ergotherapie
Ergotherapie / ©Kzenon/depositphotos.com

Die Ergotherapie läuft im Rahmen der Therapiemöglichkeiten oft unter dem Radar. Dabei unterstützt sie Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen mit der Förderung von Handlungsfähigkeit, Selbstversorgung und Produktivität. Außerdem stärkt die Ergotherapie die Interaktion mit der Umwelt, ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe und trägt wesentlich zu einer besseren Lebensqualität bei.


Geschichte der Ergotherapie

Der Begriff stammt aus dem altgriechischen. Er setzt sich zusammen aus den Worten “ergon”, für “Werk, Arbeit” und “therapeia”, für “Dienst, Behandlung”. Der Beruf selbst entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Er ist Resultat verschiedener Einflüsse. Unter anderem Ärzte, Sozialarbeiter, aber auch Künstler und Handwerker wirkten an seiner Entstehung mit. Wesentliche Einflüsse gab es aus der damals schon gebräuchlichen Beschäftigungs- und Arbeitstherapie. Gerade nach dem zweiten Weltkrieg wurden arbeitstherapeutische Behandlungen für psychisch Erkrankte häufig angewendet. Nachdem erste Lehreinrichtungen für die Beschäftigungstherapie gegründet wurden, dauerte es schließlich bis 1999, als die berufliche Bezeichnung gesetzlich zum Ergotherapeuten geändert wurde.

Praktische Arbeit in der Schule für Ergotherapie
Praktische Arbeit in der Schule für Ergotherapie / Bild: Kadereit CC BY-SA 4.0

Welche Leistungen beinhaltet die Ergotherapie?

Das Hauptziel der Ergotherapie ist die Förderung der Fähigkeiten, welche für ein selbstständiges Leben benötigt werden. Was sich für manch einen zunächst banal anhören mag, ist für Menschen, welche von Beeinträchtigungen geplagt werden, mit viel Mühe und Verzweiflung verbunden. Einfachste Einschränkungen machen uns häufig abhängig von Faktoren, die außerhalb unseres eigenen Wirkungskreises liegen. Vom sozialen Umfeld, unserem häuslichen Umfeld und der uns umgebenden Umwelt.

Die Ergotherapie befasst sich mit dem Ausführen konkreter Betätigungen. So werden Auswirkungen auf das Leben des Menschen und auf sein Umfeld verstanden und optimiert. Die Übungen und Anwendungen variieren hier abhängig vom Grad der persönlichen körperlichen, oder geistigen Einschränkung. Sie helfen dabei, den Alltag zu bewältigen, Autonomie zu bewahren und Gesundheit, sowie Lebensqualität zu verbessern.

Die gängigsten Anwendungen sind:

  • Gezielte Übungen für die Wahrnehmung und den Bewegungsapparat, sowohl für Fein-, als auch für die Grobmotorik.
  • Verbesserung des Gleichgewichts, dynamisch wie statisch.
  • Unterstützung bei der Strukturierung des Alltags und den Aufgaben, die er bereithält.
  • Das Training von Fertigkeiten, welche der Alltag voraussetzt. Dazu zählen vermeintlich einfache Dinge wie das Anziehen, die Zubereitung von Nahrung, der Haushalt, oder soziale Teilhabe.
  • Das gezielte Training von Gedächtnis, Konzentration und Schulung der Achtsamkeit.
  • Die räumliche, gestalterische Anpassung der eigenen vier Wände, oder des Arbeitsplatzes an die persönlichen Bedürfnisse.
  • Übungen im Bereich des Handwerks und der Kreativität, sowie die Förderung der Selbstwirksamkeit.
  • Hilfestellung bei Hilfsmitteln, wie Prothesen, Rollatoren, Lifter.
  • Unterstützung beim Erwerb wichtiger Fähigkeiten für Beruf und Schule.
  • Die persönliche Beratung in allen genannten Lebensbereichen und -situationen, auch für Angehörige.
Ergotherapie mit Knete
Ergotherapie mit Knete / ©Hackman/depositphotos.com

Wann kann die Ergotherapie helfen?

Beeinträchtigungen bei der Bewältigung des eigenen Lebens können als Folge vieler Krankheiten und Unfälle auftreten. Zum einen können diese einen Menschen von Geburt an begleiten. Andererseits treten sie häufig nach Unfällen, oder als Konsequenz teilweise schwerer Krankheiten auf.

Häufig sind Erkrankungen des Gehirns die Ursache. Bei einer Demenz, bei Parkinson, Multipler Sklerose oder nach  einem Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma, ist das Leben häufig nicht mehr das, was es vorher war. Dinge, die dem Menschen vorher völlig alltäglich waren, werden zur täglichen Herausforderung. Wichtige Fähigkeiten fallen zunehmend schwer und existieren nicht mehr und das Bewältigen des Alltags wird zum Kampf.

Auch in Folge von Lähmungen kann der Körper trotz bestem Willen häufig nicht mehr tun, was wir von ihm erwarten. Ähnlich verhält es sich bei verschiedenen Erkrankungen der Knochen, Gelenke und Muskeln. Knochenbrüche, Arthrose und Rheuma schränken uns nicht nur ein, sondern treten meist in Begleitung starker Schmerzen auf. Deshalb sind körperliche Leiden auf Dauer meist auch schlecht für die Psyche. Ein wechselseitiger Effekt, der in eine Negativspirale führt.

Genetische Faktoren und eine Fehlentwicklung unseres Nervensystems können zu geistigen Behinderungen und Entwicklungsstörungen führen, welche uns motorisch ebenfalls stark einschränken können. Leider nehmen diese Einschränkungen mit zunehmendem Alter zu, da unser Körper parallel dazu selbst dem natürlichen Abbau ausgeliefert ist.

All diese Fälle können von einer Ergotherapie profitieren. Natürlich ist auch sie kein Allheilmittel und kann in vielen Fällen lediglich dazu beitragen den Status Quo möglichst lange zu erhalten. Und doch ist selbst dies für viele Menschen gleichbedeutend mit einem zufriedenen Leben und einer Reduktion von Schmerz, Wut und Verzweiflung.

Ergotherapeut werden

Im Netz gibt es viele Ergotherapie Stellenangebote. Potenzielle Arbeitgeber gibt es in ganz Deutschland verteilt. Höhere Konzentrationen finden sich in Großstädten, aber auch im ländlichen Raum ist das Angebot gut besetzt. Ergotherapeuten sind sehr gefragt und die Anzahl an potenziellen Klienten nimmt, so vermessen sich das auch anhören mag, aufgrund unserer ungesunden Lebensweise stetig zu.

Die Ausbildung findet meist im Rahmen einer Berufsfachschule statt und dauert drei Jahre. Sie kann aber auch als eigenständiges Studium erlernt werden.

In der Berufsschule werden allgemeine Schulfächer wie Deutsch, Wirtschaft und Sozialkunde gelehrt. Ergänzend gibt es große Anteile an medizinischen Grundlagen, der Psychologie, sowie der Pädagogik. Zusätzlich werden bestimmte ergotherapeutische Mittel und Verfahren beigebracht, deren Reihenfolge und Gewichtung von Schule zu Schule variiert.

Die Schulen verfügen häufig über Übungsräume, Turnhallen, oder Werkstätten und bieten so einen großen Praxisraum. Zusätzlich kommt es häufig zu Praktika in umliegenden Kliniken und Praxen. Abgeschlossen wird die Ausbildung durch eine staatliche Prüfung, welche bei Erfolg zum Titel “staatlich anerkannter Ergotherapeut” führt. Später gibt es aufgrund der hohen Nachfrage viele Stellenangebote, die darauf warten besetzt zu werden.

Kernpunkte der Ausbildung in Bezug auf die spätere, beziehungsweise begleitende Praxis, sind unter anderem die Analysefähigkeit bezogen auf Einschränkungen. Diese ist wichtig, um einen adäquaten und individuell ausgerichteten Behandlungsplan festzustellen. Außerdem spielt das Training von Alltagsbewegungen eine übergeordnete Rolle. Denn nicht nur Behinderungen jeglicher Art, sondern auch unsere Bewegungsarme Lebensweise in der heutigen Zeit erfordert entsprechende Gegenmaßnahmen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Daneben ist die Führung von Patientenakten ein nicht zu unterschätzender Bestandteil der ergotherapeutischen Arbeit. So werden Entwicklungen dokumentiert, der Bedarf ermittelt und ein genauer Überblick gewährleistet.

Was einen guten Ergotherapeuten ausmacht

Neben den angesprochenen schulischen Inhalten aus Medizin, Psychologie und Pädagogik gibt es wichtige Eigenschaften und Fähigkeiten, welche einen guten Ergotherapeuten ausmachen. Dazu zählt eine gute Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Geduld und eine hohe Sozialkompetenz. Schließlich ist es ein Beruf, in dem wir mit anderen Menschen interagieren, welche häufig von verschiedenen Beeinträchtigungen, geistiger und körperlicher Natur, belastet werden. Das setzt auch voraus, das respektvoller und rücksichtsvoller Umgang an den Tag gelegt wird und keine Berührungsängste vorhanden sind.

Neben diesen persönlichen Eigenschaften sind auch handwerkliche und kreative Fähigkeiten von großer Bedeutung. In der Ergotherapie werden neben Bewegungsübungen und verschiedenen Spielformen auch Handwerkstechniken aller Art praktiziert. Gibt es also persönliches Interesse an Tätigkeiten dieser Art, oder gar Hobbies und Leidenschaften in diesen Bereichen, fällt die Arbeit später leichter.

Wo findet Ergotherapie statt?

Neben speziellen ergotherapeutischen Praxen wird die Therapieform unter anderem häufig in Kliniken für Rehabilitation, Tageskliniken und Pflegeheimen angeboten. Daneben gibt es häufig das Angebot von Hausbesuchen, welches von vorgesehenen ergotherapeutischen Praxen bereitgestellt wird. Somit wird die Maßnahme professionell in gewohntem Umfeld ausgeübt und bietet einen lebensnahen Therapieraum.

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