Bürgerversicherung oder Kopfpauschale?

Bürgerversicherung oder Kopfpauschale?

Demografischer Wandel

Der demografische Wandel hat Auswirkungen auf die Pflege- und Krankenversorgung und andere soziale Bereiche. Schon jetzt ist absehbar, dass die Kosten für die Pflege älterer Menschen in den kommenden Jahren stark ansteigen werden. Darüber, wie die Ausgaben in den Griff zu bekommen sind, herrscht bei den Parteien Uneinigkeit.


Wie so oft stehen auf der einen Seite diejenigen, die sich nach eigenen Worten dem einkommensschwächeren Teil der Bevölkerung verpflichtet fühlen und auf der anderen die Vertreter konservativ-liberalen Gedankenguts. Je nach Ausrichtung setzen sie entweder auf eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen müssen oder bevorzugen ein privates Vorsorgemodell. Vermutlich ist es auf die Zusammensetzung der Regierung in einer großen Koalition zurückzuführen, dass am bestehenden Krankenversicherungssystem noch keine Veränderung vorgenommen wurde.

Wie nicht anders zu erwarten, favorisieren die gesetzlichen Krankenkassen die Bürgerversicherung, in die alle Beschäftigten einzahlen müssen. Sie erhoffen sich für den Fall, dass sich dieses Modell durchsetzt, einen erheblichen Mitgliederzuwachs, denn die kostenlose Familienmitversicherung ist das große Plus der gesetzlichen Kassen.

Die gratis Mitversicherung ist den Befürwortern der Kopfpauschale, die naturgemäß eher dem Kreis der privaten Krankenversicherungen angehören, ein Dorn im Auge. Sie verweisen darauf, dass die kostenlose Rundumabsicherung Mitversicherte dazu verleite, Leistungen von Ärzten und Krankenhäusern häufiger in Anspruch zu nehmen, als dies ihrer Ansicht nach nötig wäre.

Kein fairer Wettbewerb

Die privaten Kassen halten sich zugute, dass sie effizienter wirtschaften als die Unternehmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Doch um dies objektiv beurteilen zu können, müsste zwischen den unterschiedlichen Kassensystemen ein fairer Wettbewerb herrschen, was jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt keineswegs der Fall ist.

Gesundheitskarte

Denn während die gesetzlichen Kassen jeden als Mitglied aufnehmen müssen, haben die privaten Anbieter in diesem Punkt eine größere Wahlfreiheit. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch das Tarifmodell der Privaten. Die locken junge, gesunde Kunden mit niedrigen Einstiegstarifen, die sie im Lauf der Jahre stetig anheben. Erreichen die Privatversicherten das Rentenalter, müssen sie einen Großteil ihrer Altersbezüge für die Deckung ihres Krankenkassenbeitrags aufwenden.

Mit der Einführung eines verbindlichen Basistarifs hat der Gesetzgeber im Jahre 2009 versucht, in diesem Punkt Abhilfe zu schaffen. Dieser Basistarif soll Privatversicherten die Möglichkeit geben, sich bei ihrer Kasse für einen Tarif zu versichern, der von Preis und Leistung her mit dem Angebot gesetzlicher Kassen vergleichbar ist.

Natürlich bietet der Basistarif nur eine Grundversorgung, in der Dinge wie eine volle Kostenerstattung für Zahnersatz nicht enthalten sind. Viele Kosten für Zahnbehandlung und Zahnersatz können Patienten jedoch steuerlich geltend machen.

Finanzielle Mehrbelastung befürchtet

Eine Pro-Kopf-Versicherung würde für Familien voraussichtlich eine finanzielle Mehrbelastung bedeuten. Während ein gesetzlich versicherter Alleinverdiener mit seinem Krankenversicherungsbeitrag auch Partner und gemeinsame Kinder gesundheitsmäßig absichert, müsste er beim Pro-Kopf-Modell für jedes Familienmitglied einen Beitrag bezahlen.

Tatsache ist, dass die gesetzlichen Kassen eine Finanzspritze in Form von zusätzlichen Mitgliedsbeiträgen sehr gut gebrauchen könnten. Die Ausgaben steigen und dies könnte in absehbarer Zeit zum Kollaps einiger Krankenkassen führen. Solange die Konjunktur brummt und genügend Zahler Versicherungsbeiträge an die Kassen abführen, kann das althergebrachte Modell noch eine Weile funktionieren. Doch auf Dauer wird das deutsche Kranken- und Pflegeversicherungsmodell um eine tief greifende Reform nicht herumkommen.

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