LKW DDR
DDR LKW (Bild: hansbenn / pixabay.com)

Resümee zur Fotoausstellung von Jörg Schöner zu „25 Jahre Deutsche Einheit – Auferstehung eines Denkmals“ vom 16. Mai – 18. Oktober 2015 in den Kema-Hallen, Pomologische-Garten-Straße 17 in 02826 Görlitz. Die Fotoausstellung war täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet und der Eintritt war frei.

Konzept der Fotoausstellung Görlitz

Seit vier Jahrzehnten dokumentiert der Dresdner Fotograf Jörg Schöner die herausragende Bausubstanz der Stadt Görlitz. Eine Dokumentation des Verfalls. Was Jahrhunderte überdauert hatte, drohte in der Zeit der DDR nach und nach unterzugehen. 1989 war es beinahe entschiedene Sache, dass die Altstadt Straßenzug um Straßenzug gesprengt werden sollte. Eine Sanierung schien materiell aussichtslos und war keine erste Priorität der Staatsdoktrin wie das Prestigeprojekt des Wiederaufbaus der Semperoper in Dresden. Ein erstes kleines Quartier unmittelbar hinter dem historischen Rathaus war bereits Opfer einer Sprengung geworden, als sich die Bevölkerung im Protest zu formieren begann. Die Demonstrationen der *friedlichen Revolution bleiben in Görlitz untrennbar verbunden mit dem entschiedenen Einsatz der Bevölkerung für den Erhalt der Denkmalsubstanz ihrer Heimatstadt. Für den Erhalt der Bausubstanz kam die politische Wende buchstäblich in letzter Minute.

Bereits ein Jahr nach der Wiedervereinigung wurde Görlitz in das Sonderprogramm „Modellstadt der Stadtentwicklung“ des Bundes aufgenommen und ist auch nach Auslaufen dieses Programmes ein erstrangiges Ziel der Städtebauförderung der Bundesrepublik Deutschland wie des Freistaates Sachsen geblieben. Durch das Engagement der öffentlichen Hand und zahlreicher privater Bauherren ist das Denkmalensemble Görlitz im Zeitraffer eines Viertel Jahrhunderts von einem ruinösen Ausgangspunkt zu einer der schönsten Städte Deutschlands aufgeblüht. Parallel dazu hat sich eine mit neuem Selbstbewusstsein gepaarte Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Stadt entwickelt.

Auferstehung eines Denkmals

Auch für die fotografische Dokumentation der Stadt durch den Fotografen Jörg Schöner stellte die friedliche Revolution eine Wende dar. An die Stelle des scheinbar unaufhaltsamen Verfalls trat die historisch beispiellose „Auferstehung eines Denkmals“. Diese will die Ausstellung mit einem außergewöhnlichen Raumerlebnis erlebbar machen. In der geräumigen ehemaligen Produktionshalle des Keramikmaschinenbaus werden großformatige hochauflösende Fotografien durch Abhängungen so installiert, dass atmosphärisch Stadträume entstehen. Vereinzelt ist ein direktes Vorher-Nachher miteinander kombiniert, die Ansicht eines ruinösen Gebäudes vor dreißig Jahren und dasselbe in seinem heutigen, sanierten Zustand. Das ist ein Grundgedanke der Ausstellung, aber nicht durchgehende Gestaltungsprinzip. Ein permanentes Nebeneinander von Vorher-Nachher-Ansichten würde sich konzeptionell schnell erschöpfen, stereotyp wirken, den Betrachter nach anfänglicher Faszination ermüden.

Daher inszeniert Jörg Schöner die Stadträume so, dass neben den früheren ruinösen und den sanierten Gebäude- und Ensembleansichten auch Fotografien installiert werden, welche heute bereits sanierte Gebäude in ihrem früheren Zustand zeigen, ohne dass der heutige in der Ausstellung vorkommt. Auf diese Weise stellt die Ausstellung einen Zustand der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen ein, in welchem Schöner den Sanierungs- und Entwicklungsprozess der zurückliegenden 25 Jahre in einem ästhetischen Moment zusammenfasst. Dieser kommt dem Bewusstsein und Empfindung der Bevölkerung sehr nahe, bei der sich ebenfalls die Erinnerung an frühere Zustände des Stadtbildes mit dem heutigen zeitlos ineinander schieben.

Grußwort Stanislaw Tillich

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Ausstellungsbesucherinnen und Ausstellungsbesucher, liebe Görlitzerinnen und Görlitzer, für die Rettung der Görlitzer Altstadt kam die Friedliche Revolution im Herbst 1989 wirklich in „letzter Minute“. Ein Großteil der alten Bausubstanz war wie in einer vierzigjährigen Zeitlupe im wahrsten Sinne des Wortes zerbröckelt, weil sie bewusst dem Verfall preisgegeben worden war. 1989 stürzten Häuser ein und die Sprengung ganzer Straßenzüge wäre vermutlich gefolgt.

Doch dann stürzte die DDR und damit wurde eine Taste gedrückt, die für die Zeitlupe des Verfalls eine Stopp-Taste und für den Wiederaufbau die Start-Taste war. Sie wurde gedrückt vom Bund, vom neu gegründeten Freistaat Sachsen und von den Görlitzerinnen und Görlitzern. Der Wiederaufbau, der dann folgte, war das genaue Gegenteil ― es war ein Wiederaufbau wie im Zeitraffer.

Die Fotoausstellung „Görlitz: Auferstehung eines Denkmals“ zeigt beides: Die Zeitlupe des Verfalls und den Wiederaufbau im Zeitraffer.Beides prallt in den Bildern aufeinander und lässt uns staunen angesichts der Welten, die zwischen beiden Bildern liegen. Am Beispiel der Görlitzer Altstadt werden 25 Jahre Deutsche Einheit und 25 Jahre Freistaat Sachsen erlebbar. Es gibt wenige Orte in Sachsen, wo das so unmittelbar zu spüren ist. Görlitz ist für mich einer davon.

Ich sage deshalb „herzlichen Glückwunsch“ und „herzlichen Dank“: dem Fotografen Jörg Schöner und den Machern der Ausstellung, dass sie diese Bilder einer „Auferstehung“ zeigen; und den Förderern, Planern und Bauleuten, dass sie Görlitz ein neues Antlitz gegeben haben. Aber was sagt uns diese Rettung? Das Entscheidende daran ist für mich: Der Aufbau hat sich gelohnt, weil er Altes bewahrt und zugleich Neues hervorgebracht hat. Das brauchen wir immer wieder und überall in Sachsen, damit nicht nur aus Görlitz „Görlywood“ wird, sondern damit Sachsen mit pfiffigen Ideen und breitem Engagement eine gute Heimat bleibt.

Stanislaw Tillich
Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

Video von der Fotoausstellung

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Mehr Informationen

Veranstalter
Stadtverwaltung Görlitz
Untermarkt 6-8 | 02826 Görlitz
www.goerlitz.de

Ansprechpartner
Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH
Kultur.Service Görlitz | Brüderstraße 9 | 02826 Görlitz
www.kultur-service-goerlitz.de

Bücher von Jörg Schöner

  • „Kaukasus“, 1982/85
  • „Georgien“ 1989 (nicht mehr produziert)
  • „Taschenbergpalais Dresden“, 1995
  • „Albrechtsburg Meißen“, 1996
  • „Dresden aus der Luft“, 1998
  • „Die Frauenkirche zu Dresden – Stufen ihres Wiederaufbaus“, 2002
  • „Die Frauenkirche zu Dresden“  -Werden, Wirkung, Wiederaufbau-, 2005
  • „Das Dresdner Schloss“, 2012
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Kontakt zu Prof. Jörg Schöner

Quelle des Beitrages: fotoausstellung-goerlitz.de

Weitere Artikel

http://www.sz-online.de/nachrichten/goerlitz-bremst-kema-bild-aus-3222489.html

https://www.sachsen-erkunden.de/goerlitz-auferstehung-eines-denkmals-eine-einzigartige-fotodokumentation-zu-25-jahren-deutsche-einheit/

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